Souvenirs aus fernen Ländern
Souvenirs aus fernen Ländern
Jeder Dritte bringt von Fernreisen Magen-Darm-Keime mit nach Hause, bei denen Antibiotika nicht mehr wirken
Wer in den Urlaub fährt, hat die passende Kleidung im Gepäck und informiert sich meist vorher über besondere Gepflogenheiten vor Ort. Über ihre Gesundheit machen sich vor Reiseantritt nur wenige Gedanken. Dabei bringen zum Beispiel aus Thailand 30 Prozent der Reisenden, die sich ganz normal verhalten haben, Keime mit nach Hause, gegen die die meisten Antibiotika nichts ausrichten können. Die Zahl stammt vom Robert-Koch-Institut, in Finnland und Holland geht man sogar von 50 Prozent aus. Wir sprachen mit dem Krankenhaushygieniker Timm Böcker vom Herz- und Kreislaufzentrum Rotenburg, worauf man bei Fernreisenm achten sollte.
Was ist aus Ihrer Sicht zu bedenken, wenn man eine Reise ins ferne Ausland plant?
Man sollte sich schon vor Reiseantritt fragen: Was werde ich trinken und essen, welche Impfungen sind angeraten, und wie schütze ich mich vor Sonne und Mücken?
Entsprechend sollte man vorsorgen, an Hut und langärmelige Kleidung denken.
Worauf sollte man im Urlaub achten?
Besonders wichtig ist die Händehygiene: Waschen mit Wasser und Seife vor dem Essen und nach dem Toilettengang sollte selbstverständlich sein. Ist das Wasser vor Ort
nicht sauber wie bei uns, sollte man nur abgekochtes oder Wasser aus Flaschen trinken. Auch frisch gepresste Säfte sollte man meiden, kein Wasser aus dem Krug trinken oder beim Zähneputzen schlucken.
Am besten sind gekochte und geschälte Speisen. Wer empfindlich ist, sollte nichts auf der Straße und aus Garküchen essen. Aber auch bei größter Vorsicht kann man sich eine Magen-Darm-Infektion einfangen.
Krank im Urlaub – welche Reiseerkrankungen sind besonders häufig?
60 Prozent aller Erkrankungen im Urlaub sind Infektionskrankheiten, vorwiegend Magen-Darm-Infekte. Antibiotika sollte man hier im Regelfall nicht nehmen – wie in Deutschland übrigens auch, weil man damit die guten Bakterien zerstört und die multiresistenten Keime eher noch stärkt. Antibiotika sollte man daher nur auf ärztlichen Rat nehmen. Nach drei bis sieben Tagen ist der Brechdurchfall meist sowieso durchgestanden. Wichtig ist es, dafür zu sorgen, dass der Körper nicht austrocknet.
Was ist zu bedenken, wenn man wieder zu Hause ist?
War man im Urlaub krank, hatte Fieber, Durchfall oder einen komischen Hautausschlag, sollte man sich später daran erinnern, wenn es Probleme gibt. Bekommt man beispielsweise bis zu sechs Monate später Fieber, sollte der Arzt immer über die Auslandsreise unterrichtet werden. Wer unterwegs krank war, sollte nach Rückkehr auch nicht gleich den kranken Opa besuchen oder das Baby der Schwester auf den Arm nehmen. Untersuchungen aus den Niederlanden zeigen, dass jeder Zweite, der während der Reise einen Magen-Darm-Infekt hatte, nach einem Monat noch Keime in sich trägt. Elf Prozent sind nach einem Jahr noch Keimträger und acht Prozent stecken zu Hause Angehörige an.
Warum sind die Keime in fernen Ländern so gefährlich für uns?
Unser Körper kennt nur die Bakterien, die hier bei uns üblicherweise vorkommen. Die fremden vertragen sich aber nicht mit unseren Darmbakterien. Sie setzen sich im Magen-Darm-Trakt durch, weil in diesen Ländern die Hygiene nicht so streng ist wie bei uns. Auch durch unkontrollierten Einsatz haben Antibiotika ihre Wirksamkeit gegen einige dieser Keime verloren.
Würden Sie selbst zum Beispiel nach Vietnam oder Malaysia reisen?
Das würde ich gerne tun, aber die Hitze dort ist nicht mein Fall. Wenn ich reisen würde, dann sehr bewusst: Ich würde im Hotel essen. Bei einer längeren Reise – etwa als Rucksacktourist – müsste es sich schon lohnen, das Risiko einzugehen. Ich bin vor Jahren in China gewesen und habe auch die Garküchen ausprobiert, mich aber an einem dreckigen Handtuch im Hotel infiziert. Dieses Risiko muss man in Kauf nehmen. Island ist da weniger gefährlich.
Informationen: beim Hausarzt, in den Tropeninstituten, zum Beispiel dem der Charité, und unter www.auswaertigesamt.de/gesuenderreisen
Malaria, Zika und Co.
Malariagebiete sollte man für kürzere Urlaube meiden, so rät der Krankenhaushygieniker Timm Böcker. Zwar kann man vorbeugend Medikamente einnehmen, die vor Erkrankung schützen sollen, diese sind jedoch teils sehr belastend für den Körper – ebenso wie eine eventuelle Infektion, die sich zunächst durch Fieber äußert. Gegen Mücken, die Malaria und andere Krankheiten übertragen, sollte man sich mit langärmeliger heller Kleidung, Mosquitonetzen und Insektenschutz wappnen. Ein Malariapatient stellt allerdings keine Gefahr für andere dar. Das Zika-Virus war in jüngster Zeit immer wieder im Gespräch. Es ist vor allem in Mittel- und Südamerika verbreitet und eine Gefahr für Schwangere, deren ungeborenes Kind bei einer Infektion eine Gehirnfehlbildung davontragen kann. Jede/r dritte Infizierte hat selbst keine Krankheitserscheinungen. Männer können aber das Virus 180 Tage nach einer – vielleicht unbemerkten – Infektion über ihren Samen übertragen. Der Arzt empfiehlt, nach Reisen in Zika-Gebiete sechs Monate
„Safer Sex“ zu betreiben und Kondome zu benutzen.
Wenn kein Antibiotikum hilft
Der Mensch beherbergt zwischen 1000 und 1500 verschiedene Bakterien im Darm. Antibiotika bekämpfen nicht nur die unerwünschten Bakterien, sondern auch die „guten“. Wird zu oft ein Antibiotikum eingenommen, ohne dass es wirklich notwendig ist, haben die unerwünschten „schlechten“ Bakterien einen Vorteil. Sie verändern sich so, dass das Antibiotikum nicht mehr wirken kann: Sie werden resistent. Es gibt inzwischen multiresistente Keime, bei denen kein wirksames Antibiotikum mehr zur Verfügung steht.
HNA vom 05.07.2017